Treiber oder Getriebener?

Interview mit Sebastian Dürr von NordESG über Unsicherheiten im Bereich Nachhaltigkeit.

Herr Dürr, wir leben in unsicheren Zeiten, der Investitionsbedarf bei vielen Unternehmen ist hoch – auch im Bereich Nachhaltigkeit. Man möchte nicht zu spät sein, aber zugleich unnötige Investitionen vermeiden. Was raten Sie Unternehmen?

Sebastian Dürr: ESG ist primär ein Risikomanagement-Tool, mit dem Unternehmen die für sie wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte identifizieren und mehr darüber erfahren können, welche Priorität ihre Stakeholder diesen beimessen. Wer in den USA selbst produziert, wird von einem Regierungswechsel und einer anderen ESG-Politik dort wahrscheinlich stärker betroffen sein als ein reiner Exporteur. Ein Textilproduzent wird oft auf Kunden treffen, die im Nachhaltigkeitskontext stärker sensibilisiert sind, als dies bei Kunden in anderen Branchen der Fall ist. Dabei sollte man indirekte Anforderungen nicht ausklammern: Auch wenn mein Unternehmen selbst nicht direkt von regulatorischen Anforderungen betroffen ist, können es meine Kunden sein und entsprechende Anfragen an mein Unternehmen richten, um ihren Offenlegungsanforderungen gerecht zu werden. Und: ESG bedeutet dabei keinesfalls nur Klima und Umwelt. Soziales und Governance sind ebenfalls relevant.

Täuscht der Eindruck, oder sind Kunden in ihren Erwartungen meist weiter als die Regulierung?

Dürr: Darauf gibt es keine allgemeingültige Antwort. Bei einigen Branchen treiben die Kunden das Thema voran, bei anderen greift die Regulierung zuerst. Letztlich sind es nicht nur Kunden oder regulatorische Aspekte – Unternehmen sollten auch die Anforderungen von anderen Stakeholdern wie Investoren und Fremdkapitalfinanzierern im Blick behalten.

Keinen Nachfolge-Newsletter mehr verpassen!

In unserem Newsletter teilen wir unser Wissen, geben aktuelle Informationen und Anregungen weiter. Damit auch Ihre Nachfolge zum Erfolg wird. Der Newsletter wird drei Mal im Jahr verschickt und kann jederzeit abbestellt werden.

Die größte Aufmerksamkeit erhält – zumindest medial – die Regulierung. Und von außen wirkt die Politik oft unberechenbarer als andere Stakeholder. Beim EU-Lieferkettengesetz wurde bis zur letzten Minute noch verhandelt. Kann ich mich überhaupt vorbereiten? Oder erst reagieren, wenn das Gesetz wirklich verabschiedet ist?

Dürr: Das endgültige Ergebnis von Gesetzgebungsprozessen, gerade auf europäischer Ebene, ist nicht immer vorhersehbar. Unternehmen können sich im Vorfeld mit den geplanten Änderungen wie dem EU-Lieferkettengesetz beschäftigen. In welchem Umfang treffen diese auf mein Unternehmen zu? Welche Anforderungen ergeben sich und an welchen Stellen ist mit den größten Änderungen zu rechnen? Welche Informationen habe ich bereits über meine Lieferanten und Kunden? So vermeidet man, bei Null anzufangen, wenn die neue Regulierung greift.

Sebastian Dürr, NordESG

Sebastian Dürr ist einer der Gründer von NordESG. Das Beratungshaus unterstützt Unternehmen bei der Entwicklung und Implementierung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie, dem Nachhaltigkeitsreporting und beim Carbon Accounting.

Machen das Unternehmen schon – oder fällt es angesichts anderer drängender Themen hinten runter?

Nicht jedes Unternehmen kann im Vorfeld auf sich abzeichnende regulatorische Änderungen reagieren. Bei der Berichtspflichtregelung CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) sind mir viele Unternehmen bekannt, die mindestens einen Probelauf machen, bevor die eigentliche Berichtspflicht für sie greift – auch um das Risiko zu vermeiden, die Anforderungen nicht rechtzeitig erfüllen zu können.

Das könnte Sie auch interessieren

So geht NACHFOLGE

eine Initiative von

Ihre Spezialisten des KompetenzCenters Nachfolge