„Das Interesse an ESG wächst“

Jennifer Dulgheru, DZ BANK, über die Bedeutung von ESG bei der Kreditvergabe

Frau Dulgheru, wirken sich ESG-Kriterien heute schon auf die Finanzierungskonditionen einer Bank aus?

Die im September 2022 von der BaFin veröffentlichte 7. Novelle der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) fordert explizit die Berücksichtigung von ESG-Faktoren bei der Kreditvergabe und -überwachung. Die DZ BANK-Gruppe ist sich bewusst, dass der Finanzsektor eine bedeutende Rolle spielt, um die Wirtschaft an den Pariser Klimazielen auszurichten. Sie wird ihr Portfolio deshalb mit dem 1,5-Grad-Ziel und dem Leitbild „Net-Zero-Zukunft“ in Einklang bringen. Zur Umsetzung wurden die für eine Dekarbonisierung besonders relevanten Industriesektoren hinsichtlich ihrer Klimaauswirkungen, Marktchancen und ESG-Risiken analysiert. Auf Basis der Analyse der ESG-Risiken hat sich die DZ BANK konkrete Klimaziele gesetzt. Außerdem haben wir branchenbezogene Ausschlusskriterien festgelegt, anhand derer jedes Engagement vor Kreditvergabe geprüft wird. Damit sollen Geschäfte unterbunden werden, die die Mindestanforderungen in Bezug auf Umwelt, Soziales und Unternehmensführung nicht erfüllen oder mit einem erhöhten Risiko für unsere Reputation verbunden sind. Dazu gehören unter anderem Geschäfte in Zusammenhang mit Pornografie, Prostitution oder kontroversem Glücksspiel.

Sind alle Finanzierungskonditionen direkt an Nachhaltigkeit gekoppelt?

Nein, nicht alle Finanzierungskonditionen sind direkt an Nachhaltigkeit gekoppelt. Die Anpassung der Kreditkonditionen erfolgt spezifisch für Kredite, bei denen Nachhaltigkeitsleistungen des Kreditnehmers eine Rolle spielen. Diese Anpassungen basieren auf den tatsächlich erreichten Nachhaltigkeitsleistungen gemäß vereinbarter Kennzahlen. Sie betreffen insbesondere sogenannte Sustainability-linked Loans. Hierbei wird die Zinsmarge üblicherweise einmal jährlich angepasst, abhängig von der erzielten ESG-Kennzahl. Es gibt jedoch auch andere Finanzierungsprodukte und -prozesse, die nicht notwendigerweise an Nachhaltigkeitskriterien gekoppelt sind, beispielsweise die Finanzierung von Photovoltaikanlagen.

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Worauf müssen sich Unternehmen einstellen?

Die DZ BANK erhebt verschiedene Daten von ihren Kunden im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit, beispielsweise im Zusammenhang mit der EU-Taxonomie-Klassifizierung. Dabei erfolgt die Klassifizierung bei Geschäftskunden überwiegend anhand von Kunden-KPIs, die über externe Datenanbieter bezogen werden. In einigen Fällen werden auch Daten aus Veröffentlichungen von den Kunden genutzt.

Ist bekannt, wofür die finanziellen Mittel verwendet werden sollen, wird die Information zur EU-Taxonomie-Klassifizierung direkt beim Kunden eingeholt. Um unsere Kunden auf dem Weg zu nachhaltigerem Wirtschaften optimal zu unterstützen, bieten wir ihnen ein individuelles „Sustainable Finance Advisory“ an. Punktuell unterstützen wir die Unternehmen auch direkt bei der nachhaltigen Ausrichtung.

Wie ist denn der aktuelle Stand der Vorbereitungen?

In der DZ BANK werden aktuell Kreditanfragen im Rahmen des Kreditprüfungsprozesses systematisch auf relevante Nachhaltigkeitsaspekte geprüft. Anhand der eigens erstellten ESG-Checkliste „RepRisk“ DZ BANK, die sich an den zehn Prinzipien des UN Global Compact orientiert, werden für die jeweilige Finanzierung relevante Einflussfaktoren im Hinblick auf soziale und ethische sowie ökologische Risiken beurteilt. In unserem „ESG-Kreditrisiko-Score“ werden ESG-Kreditrisiken quantifiziert. Dieser ergänzt das Bonitätsrating der Unternehmenskunden um eine zusätzliche relative Bonitätsaussage hinsichtlich der ESG-Risiken. Grundsätzlich misst der ESG-Score die Wahrscheinlichkeit und den Umfang einer potenziellen zukünftigen Verschlechterung einer Bonitätsratingnote. Der ESG-Score berücksichtigt entsprechend Informationen zu physischen Umweltrisiken, sozialen Unternehmensführungsrisiken und transitorischen Risiken. Die genannten Teil-Scores werden gewichtet und in einem finalen ESG-Score zusammengefasst.

So wie es bei vielen Banken üblich ist. Was machen Sie anders?

Wir unterstützen die Unternehmen – ob bereits im Transformationsprozess oder erst davor – mit unserer Expertise als Finanzierer. Unser Anspruch ist es dabei, den Kunden langfristig und strategisch zu begleiten. Wir können unsere Kunden konkret in der Transformation beispielsweise mit Lösungen wie der Finanzierung von erneuerbaren Energien, öffentlichen Fördermitteln oder Sustainable Bonds & Schuldscheinen unterstützen. Unsere Kunden profitieren außerdem von unserem Nachhaltigkeitsresearch mit Ergebnissen aus repräsentativen Sonderbefragungen und regelmäßigen Updates zu unseren Produkten im Kontext Nachhaltigkeit.

Wer hat in der Bank bereits ESG-Wissen?

Die Mitarbeitenden der DZ BANK werden fortlaufend über Neuerungen im Bereich Nachhaltigkeit informiert und geschult. Dies geschieht im Rahmen des Nachhaltigkeitsprogramms, das sukzessive weiterentwickelt wird. Insbesondere Mitarbeitende der Marktbereiche und der Kreditanalyse erhalten Schulungen. Die Kollegen aus dem Marktbereich erhalten zudem eine Schulung mit externer ESG-Zertifizierung.

Wie kommt das Thema ESG-Score bei den Unternehmen an?

Wir merken in den Kundengesprächen, dass die Akzeptanz des Themas Nachhaltigkeit wächst, der Kunde hat zunehmend Berührungspunkte mit dem Thema im Unternehmen. Damit wächst auch das Interesse an strategischen Partnern, die die Transformation begleiten. Positive Erfahrungen habe ich insbesondere in persönlichen Kundengesprächen gesammelt. Das ist meist produktiver als einfach nur Nachhaltigkeitsinformationen wie ESG-Checklisten anzufordern. Im direkten Gespräch ergeben sich ganz schnell gemeinsame Anknüpfungspunkte.

Jennifer Dulgheru, DZ BANK in Berlin

Jennifer Dulgheru ist die für die Region Nord-Ost zuständige ESG-Koordinatorin für den Mittelstand. Sie ist zudem Expert Corporate Banking.

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